Vinifikation und Vielfalt – fünf Typen, die du kennen solltest

Wein ist mehr als ein Getränk. Er ist Ausdruck von Landschaft, Handwerk und Zeit. Seit Jahrtausenden begleitet Wein Menschen in Ritualen, Festen und kulinarischen Traditionen. Wer Wein wirklich verstehen will, muss die verschiedenen Weinarten kennen – und was sie voneinander unterscheidet. Dieser Beitrag führt in die Welt von Rot-, Weiß-, Rosé-, Schaum- und Dessertweinen und zeigt, wie unterschiedlich ihre Herstellung, ihre Sensorik und ihr kulinarischer Einsatz sind.

Charaktervoll,strukturiert und langlebig

Rotwein

Rotwein entsteht durch die Vergärung blauer Trauben – und zwar mitsamt ihrer Schalen und oftmals auch Kerne. Im Gegensatz zum Weißwein bleiben diese festen Bestandteile beim sogenannten Maischegärungsprozess über mehrere Tage bis Wochen in Kontakt mit dem Most. Dabei lösen sich Farbstoffe (Anthocyane), Tannine und Aromastoffe aus der Schale – sie prägen nicht nur die rubinrote bis tiefviolette Farbe, sondern auch Struktur, Lagerfähigkeit und Geschmacksprofil des Weins.

Je nach gewünschtem Stil erfolgt die Gärung in Edelstahltanks, Holzbottichen oder Betoneiern – moderne Kellertechnik trifft hier auf jahrhundertealte Methoden. Hochwertige Rotweine durchlaufen nach der Hauptgärung oft die malolaktische Gärung, bei der die kantige Apfelsäure durch Milchsäure ersetzt wird. Das Ergebnis: ein samtiges, rundes Mundgefühl und eine geschmeidige Textur.

Im Anschluss erfolgt der Ausbau – entweder in großen Holzfässern für eine elegante Reife oder in kleinen Barriques, die intensive Aromen wie Vanille, Röstaromen, Zedernholz oder Gewürznoten einbringen. Je länger der Rotwein lagert, desto komplexer wird sein Aromenspektrum: von dunklen Beeren über Leder und Tabak bis hin zu erdigen oder mineralischen Nuancen.

Typische Rebsorten und Stilrichtungen

Cabernet Sauvignon: kraftvoll, cassisbetont, sehr lagerfähig

Syrah/Shiraz: würzig, dunkel, mit Lakritz und Pfeffer

Pinot Noir: fein, erdig, elegant, terroirsensibel

Nebbiolo: teerig, rosig, mit ausgeprägter Säure und Tannin

Kulinarischer Einsatz

Rotwein verlangt nach Struktur im Essen:

Rinderbraten, Lammkarree, Pilzgerichte oder gereifter Käse sind ideale Partner.

Die Tannine binden Eiweiße und harmonieren mit Fett und Röstaromen.

Frische, Präzision und Terroir

Weißwein

Weißwein wird in der Regel aus weißen Trauben gekeltert, wobei die Schalen direkt nach dem Pressen entfernt werden. Diese Trennung sorgt dafür, dass kaum Gerbstoffe aus den Traubenschalen in den Most gelangen – das Ergebnis ist ein Wein, der sich durch Leichtigkeit, Frische und zarte Aromen auszeichnet.

Die alkoholische Gärung erfolgt meist temperaturkontrolliert bei etwa 12–18 °C. Diese vergleichsweise kühlen Bedingungen helfen dabei, die feinen Frucht- und Blumenaromen der Trauben zu bewahren – etwa Zitrusnoten, grüner Apfel oder exotische Früchte, je nach Rebsorte und Herkunft.

Einige Weißweine erfahren eine besondere Veredelung durch die Lagerung auf der Feinhefe („sur lie“). Diese Technik verleiht dem Wein mehr Fülle, eine cremige Textur und kann subtile Noten von Brotkruste oder Nüssen hervorbringen. In Holzfässern (Barriques) ausgebaute Weißweine entwickeln zusätzliche Tiefe und Struktur – hier treten auch Vanille-, Röstaromen oder rauchige Nuancen auf, besonders bei Sorten wie Chardonnay.

Nicht zuletzt spielt auch die Herkunft eine Rolle: Ein Riesling von der Mosel zeigt andere Facetten als ein Sauvignon Blanc aus Neuseeland. Boden, Klima und Kellertechnik verschmelzen zu einem vielschichtigen Geschmackserlebnis.

Typische Rebsorten und Stilrichtungen:

Riesling:
zitronig, mineralisch, hohe Säure und Lagerfähigkeit

Sauvignon Blanc:
grün, grasig, mit Stachelbeere und feiner Schärfe

Chardonnay:
von knackig-frisch bis buttrig-holzbetont

Grüner Veltliner:
pfeffrig, spritzig, vielfältig einsetzbar

Sensorische Besonderheiten:

Weißweine zeigen die Handschrift ihres Terroirs besonders deutlich. Die Säurestruktur verleiht ihnen Frische und ermöglicht präzises Pairing mit Speisen.

Food Pairing:

Perfekt zu Fisch, Geflügel, Salaten,
Ziegenkäse oder asiatischer Küche. Die Säure kontrastiert Fett, die Frucht
ergänzt Kräuter und leichte Würze.

Sommerfrische mit Stil

Roséwein

Rosé ist kein Mischprodukt aus Rot- und Weißwein – zumindest nicht innerhalb der EU, wo diese Praxis verboten ist, mit Ausnahme von Schaumweinen. Stattdessen entstehen Roséweine aus roten Trauben, deren Schalen nur kurz mit dem Most in Kontakt kommen (Mazeration), oder durch direkte Pressung. Dadurch bleiben die extrahierten Farb- und Gerbstoffe deutlich geringer als beim Rotwein – je nach Verfahren und Rebsorte reicht die Farbpalette von zartem Lachsrosa bis zu kräftigem Himbeerrot.

Die Aromatik von Rosé liegt spannend zwischen den Welten: Fruchtige Noten von Erdbeere, Himbeere, Kirsche und Zitrusfrüchten dominieren, gepaart mit floralen Nuancen und einer vitalen Säure. Tannine treten in den Hintergrund, was die Weine besonders zugänglich und frisch wirken lässt.

In der Herstellung ist Sorgfalt gefragt – denn die Balance zwischen Frucht, Frische und Körper entscheidet über die Qualität.

Typische Rebsorten und Stile:

Grenache: leicht, saftig, mit roten Beeren

Pinot Noir: fein, hell, elegant

Tempranillo: kräftiger, mit würziger Kirschnote

Food Pairing:

Ideal zu mediterraner Küche, gegrilltem
Gemüse, Antipasti oder BBQ.

Auch als Aperitif oder Terrassenwein ein echter
Allrounder.

Perlage trifft Prestige

Schaumwein

Schaumwein ist ein technisches Meisterwerk und zugleich eine Kunstform in der Welt des Weins. Die charakteristische Kohlensäure entsteht durch eine zweite Gärung, bei der der Zucker erneut mit Hefen reagiert und dabei natürliche Perlen bildet. Diese zweite Gärung erfolgt entweder in der Flasche – die sogenannte Méthode Traditionnelle – oder im Drucktank, bekannt als Méthode Charmat.

Die Flaschengärung gilt als die aufwendigste und qualitativ anspruchsvollste Methode. Dabei lagert der Wein viele Monate auf der Hefe in der Flasche, was ihm komplexe Aromen verleiht – von Brioche und gerösteten Nüssen bis zu reifen Äpfeln und feiner Mineralität. Diese Technik wird nicht nur für klassischen Champagner verwendet, sondern auch für hochwertige Winzersekte und Crémants.

Die Méthode Charmat hingegen bringt fruchtigere, frischere Schaumweine hervor – wie etwa Prosecco. Hier wird die zweite Gärung im Drucktank kontrolliert durchgeführt, was die Perlen etwas gröber, aber den Charakter zugänglicher macht. Prosecco begeistert mit Aromen von grünem Apfel, Birne und weißen Blüten und eignet sich hervorragend als Aperitif oder unkomplizierter Begleiter leichter Gerichte.

Stilistische Varianten:

Champagner - Frankreich:
Brioche, Apfel, Zitrus, mineralisch

Crémant - Elsass, Loire:
Frisch, elegant, fruchtbetont

Prosecco - Italien:
Birne, Melone, lebendig

Cava - Spanien:
Zitrus, Hefenoten, trocken

Dosage – Zuckerlevel:

Brut Nature: extrem trocken (0–3 g/l)

Brut: klassisch trocken (bis 12 g/l)

Demi-Sec: lieblich (bis 50 g/l)

Food Pairing:

Schaumwein passt zu Austern, Sushi,
Tempura oder frittierten Häppchen. Die Kohlensäure reinigt den Gaumen – ein
sensorischer Frischekick.

Konzentration und Edelsüße

Dessertwein

Süßweine sind das Ergebnis von Zeit, Geduld und faszinierenden Naturphänomenen. Ihre Herstellung erfordert nicht nur besonderes Können, sondern auch den Mut, der Natur zu vertrauen.

Eine der edelsten Varianten entsteht durch die sogenannte Botrytis cinerea, auch Edelfäule genannt. Dabei befällt der Pilz gesunde Trauben und entzieht ihnen Wasser, wodurch Zucker, Säure und Aromastoffe konzentriert werden. Das Ergebnis: tiefgoldene Weine mit komplexen Noten von Honig, Aprikose, Karamell und manchmal einem Hauch von Safran.

Alternativ können die Trauben natürlich am Rebstock gefrieren – so entsteht Eiswein. Bei der Lese in den frühen Morgenstunden werden die gefrorenen Trauben gepresst, wobei nur der konzentrierte Zucker extrahiert wird. Das Resultat ist ein frischer, süßer Wein mit kristallklarer Frucht und lebendiger Säure.

Eine weitere Methode ist die Aufspritung, bei der die Gärung durch Zugabe von Alkohol gestoppt wird. So bleibt unvergorener Zucker im Wein erhalten – typisch für Portwein oder Madeira. Diese Weine entwickeln durch Reifung im Fass komplexe Aromen von Trockenfrüchten, Nüssen, Gewürzen und dunkler Schokolade.

Typen

Portwein - Portugal:
Kirsche, Nuss, Schokolade, kräftig

Eiswein - Deutschland:
Zitrus, Honig, kristalline Frische

Trockenbeerenauslese - Deutschland:Aprikose, Rosine, Honig, komplex

Pedro Ximénez - Spanien:
Feige, Kaffee, sehr süß und dicht

Food Pairing:

Großartig zu Blauschimmelkäse, Schokoladendesserts oder als Digestif.

Wichtig: Süße muss durch Säure balanciert sein – das macht große Süßweine aus.

Fazit – Weinwissen, das verbindet

Wein ist eine Welt zwischen Wissenschaft und Emotion, zwischen Tradition und Innovation. Die Differenzierung der Weinarten ist mehr als nur ein sensorischer Leitfaden – sie ist ein Fenster in Kultur, Klima und Kellertechnik. Wer die Unterschiede versteht, kann nicht nur gezielter genießen, sondern entwickelt ein neues Vokabular des Geschmacks.

Ob du selbst verkostest, schreibst, empfiehlst oder präsentierst – dieses Wissen ist die Basis für tiefen Genuss und kompetente Kommunikation rund um das Kulturgut Wein.

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